Kollektionsrahmenplan – ein Instrument zur Sortimentssteuerung in der Bekleidungsindustrie

Mit dem Kol­lek­ti­ons­rah­men­plan (KRP) steu­ern Unter­neh­men der Beklei­dungs­bran­che die Struk­tur ihrer Sor­ti­men­te. Durch den Ein­satz des Kol­lek­ti­ons­rah­men­plans soll eine über­trie­ben gro­ße Kol­lek­ti­on – mit ihren sich dar­aus erge­ben­den wirt­schaft­li­chen Pro­ble­men – ver­mie­den werden.

Kollektion und Kollektionsgröße

Eine Kol­lek­ti­on (von fran­zö­sisch coll­ec­tion, das Auf­sam­meln) ist eine Zusam­men­stel­lung von ver­schie­de­nen Model­len, die zu einem bestimm­ten The­ma oder zu den Jah­res­zei­ten erschei­nen. Dabei wird eine Kol­lek­ti­on nach modi­schen und nach wirtschaftlich/kaufmännischen Aspek­ten zusammengestellt.

Die Anfor­de­run­gen an eine Kol­lek­ti­on müs­sen sys­te­ma­tisch zusam­men­ge­stellt wer­den, damit der ange­streb­te Kol­lek­ti­ons­auf­bau hin­sicht­lich Sor­ti­ments­tie­fe und ‑brei­te, Preis­la­gen­auf­bau, Beschaf­fung, Kal­ku­la­ti­on etc. bei der Ent­wick­lung klar erkenn­bar und nach­voll­zieh­bar ist.

Meist gibt es zwei Haupt­kol­lek­tio­nen: Herbst/Winter (abge­kürzt H/W) und Frühling/Sommer (F/S). Dar­über hin­aus gibt es unter­schied­lich vie­le Zwischen‑, Kap­sel- oder Son­der­kol­lek­tio­nen.  Bei den soge­nann­ten “ver­ti­ka­len” Unter­neh­men ist das gän­gi­ge Mus­ter von zwei Haupt­kol­lek­tio­nen im Jahr gänz­lich auf­ge­löst. Sie brin­gen bis zu 50 Kol­lek­tio­nen im Jahr an den Markt.

Kollektionsbreite

Die Sor­ti­ments- oder Kol­lek­ti­ons­brei­te beschreibt die Men­ge an unter­schied­li­chen ange­bo­te­nen Waren­grup­pen. Ein Unter­neh­men, das Kin­der,- Damen,- und Her­ren­be­klei­dung anbie­tet, hat ein brei­tes Sortiment.

Kollektionstiefe

Das Sor­ti­ment eines Unter­neh­mens wird als tief beschrie­ben, wenn eine ange­bo­te­ne Waren­grup­pe in beson­ders vie­len Vari­an­ten vor­han­den ist. Bei­spiels­wei­se hat ein Anzug­her­stel­ler ein tie­fes Sortiment.

Pro­ble­ma­tisch wird es, wenn ein Voll­sor­ti­men­ter (brei­tes Sor­ti­ment) im Markt gegen einen Pro­dukt­spe­zia­lis­ten (tie­fes Sor­ti­ment) antritt. Die dar­aus resul­tie­ren­den Kol­lek­ti­ons­grö­ßen sind dann in der Pra­xis oft kaum noch wirt­schaft­lich darstellbar.

Kollektionskonzept

Im Kol­lek­ti­ons­kon­zept wer­den alle Punk­te fest­ge­hal­ten, die eine Kol­lek­ti­on betref­fen – von der Ent­wick­lung über die Pro­duk­ti­ons­pha­se bis hin zum Ver­trieb.
Der Kol­lek­ti­ons­rah­men­plan ist die Ope­ra­ti­ons­ba­sis für alle Abtei­lun­gen des Unter­neh­mens, die direkt mit der Kol­lek­ti­on beschäf­tigt sind. Er gibt den zeit­li­chen Fahr­plan für die Kol­lek­ti­on vor. Er hält fest, wel­che Model­le der Kol­lek­ti­on, wie oft ange­fer­tigt wer­den und wann die Kol­lek­ti­on in wel­chen Men­gen an den Ver­kaufs­punk­ten (POS)angeboten wird.

Analytische Planung der Kollektionsgröße

Bei der Über­le­gung, wie groß eine Kol­lek­ti­on unter wirt­schaft­li­chen Aspek­ten sein darf, kann sich ein Her­stel­ler von den Gege­ben­hei­ten im Han­del lei­ten las­sen. Eine Kol­lek­ti­on braucht im Prin­zip nicht grö­ßer sein, als die größ­te zu bestü­cken­de Flä­che (POS, Stores, Shop-in-Shop, etc.) es erfordert.


In die­sem Bei­spiel ergibt sich bei einer größ­ten zu bestü­cken­den Flä­che von 90 qm eine not­wen­di­ge Kol­lek­ti­ons­grö­ße von 225 Vari­an­ten (Modell-Ober­stoff-Farb-Kom­bi­na­tio­nen – Form-Arti­kel-Des­sin – FArtDess).

  • Der Para­me­ter “Flä­chen­be­stand je qm” vari­iert je nach Sor­ti­ment und ist indi­vi­du­ell fest­zu­le­gen. Bei­spiels­wei­se pas­sen mehr Shirts auf eine Flä­che als Män­tel oder Anzüge.
  • Die Lager­um­schlag­ge­schwin­dig­keit (LUG) gibt an, wie oft man die vor­han­de­ne Ware (Flä­chen­be­stand) pro Jahr ver­kauft hat.
  • Glei­ches gilt für die “Order­tei­le je Zei­le”: hier­mit ist die Anzahl glei­cher Pro­duk­te in unter­schied­li­chen Grö­ßen (der “Grö­ßen­satz”) gemeint.
  • Über die “Kauf­wahr­schein­lich­keit” erfolgt die Fest­le­gung, wie vie­le Vari­an­ten auf allen Flä­chen gleich sind bzw. wie viel Indi­vi­dua­li­tät den ein­zel­nen Flä­chen zuge­stan­den wird. Im Bei­spiel wür­den eigent­lich 180 Vari­an­ten aus­rei­chen, um eine 90 qm gro­ße Ver­kaufs­flä­che zu ver­sor­gen. Eine Kol­lek­ti­ons­grö­ße von 225 Vari­an­ten ermög­licht eine gewis­se Unter­schei­dung, die bei­spiels­wei­se auf­grund regio­na­ler Beson­der­hei­ten not­wen­dig ist (z.B. im Nor­den mehr blaue, im Süden mehr grü­ne Pullover).

Delta-Planung der Kollektionsgröße

Anstel­le der ana­ly­ti­schen Her­an­ge­hens­wei­se ist in der Pra­xis eine (ver­gan­gen­heits­ori­en­tier­te) Pla­nung der gewünsch­ten Ver­än­de­run­gen anzu­tref­fen. “Wir wol­len in der nächs­ten Sai­son mehr Den­im und dafür weni­ger Casu­al anbie­ten!”, wäre dafür ein Bei­spiel. Die Vari­an­ten­pla­nung zwingt dann zu einer zah­len­mä­ßi­gen Fest­le­gung. (SMARTe Zie­le)

Wich­tig ist hier­bei, auch die Absatz­men­ge in den Über­le­gun­gen zu berück­sich­ti­gen, da sich eine unver­hält­nis­mä­ßig hohe Zahl von Vari­an­ten nach­tei­lig auf Beschaf­fung und Pro­duk­ti­on aus­wir­ken.  Als Kenn­zahl hier­für ist in die­sem Bei­spiel der maxi­mal mög­li­che Fer­ti­gungs­auf­trag (“Max. FA”), die maxi­ma­le Los­grö­ße gewählt.

Divi­diert man die geplan­te Absatz­men­ge durch die Anzahl der geplan­ten Vari­an­ten erhält man einen ers­ten Anhalts­wert für die maxi­mal mög­li­che  (theo­re­ti­sche) Ø‑Losgröße (Grö­ße Fer­ti­gungs­auf­trag). Im oben ange­führ­ten Bei­spiel sind dies 400.000 Stück / 180 Vari­an­ten = 2.222 Ø‑Auftragsgröße. Die­ser Wert ist gerin­ger als im Vorjahr.

Bereits zu die­sem frü­hen Zeit­punkt wer­den die ers­ten wirt­schaft­li­chen Aus­wir­kun­gen erkenn­bar. Die­se kön­nen ganz bewusst akzep­tiert wer­den, oder es wer­den ers­te Ände­run­gen vorgenommen.

Je höher die Anzahl der Vari­an­ten, des­to klei­ner wird die Ø‑Auftragsgröße. Dies bedeu­tet eine unwirt­schaft­li­che­re Pro­duk­ti­on und ver­ur­sacht viel­leicht sogar Min­der­men­gen­zu­schlä­ge in der Beschaffung.

Kollektionsrahmenplan – KRP

Im Kol­lek­ti­ons­rah­men­plan wer­den je Pro­dukt­grup­pe Clus­ter gebil­det, die ein gewis­ses Markt­seg­ment bedie­nen sol­len. Häu­fig ver­wen­det man hier­zu Mode­gra­de (Basic/Fashion). Aber auch vie­le ande­re Kri­te­ri­en kön­nen für die Kon­zep­ti­on  hilf­reich sein. Unter­schei­dun­gen nach Mate­ri­al (Baumwolle/Wolle), Mus­te­rung (uni/Streifen/Karo) oder Pass­form (normal/Slimline) sind wei­te­re Beispiele. 

Auf kei­nen Fall darf im Kol­lek­ti­ons­rah­men­plan die Glie­de­rung nach Preis­la­gen feh­len. Ohne eine Preis­la­gen­pla­nung sind die wirt­schaft­li­chen Aus­wir­kun­gen der Kol­lek­ti­ons­ent­schei­dun­gen nicht abbildbar.

Im Bei­spiel wer­den die “Denim”-Hosen in die Mode­gra­de “Basic”, “Modern” und “Fashion” geglie­dert. In die­sen Seg­men­ten benennt man die unter­schied­li­chen Preis­la­gen. Meist folgt man dem “HMT”-Ansatz: hoch, mit­tig, tief und hat zumin­dest drei Gruppen.

Wenn die­ser “Rah­men” defi­niert ist, geht es an die kon­kre­te Pla­nung und die Zuord­nung der geplan­ten Absatz­men­gen und der geplan­ten Vari­an­ten in die gebil­de­ten Segmente.

Hier sind bei­spiels­wei­se 60 der vor­ge­se­he­nen 180 Vari­an­ten für die Preis­la­ge 89 € im Seg­ment “Modern” vor­ge­se­hen. Laut Pla­nung sol­len hier 102.000 Stück ver­mark­tet wer­den. Mit einem Drit­tel der Vari­an­ten wird nur ein Vier­tel des Absat­zes erzielt. Dem­entspre­chend ist die Ø‑Losgröße mit 1.700 Stück unter­halb des Gesamt-Wer­tes von 2.222 Stück. Hier könn­ten also eine ande­re Ver­tei­lung oder eine Redu­zie­rung der Vari­an­ten not­wen­dig werden.

Über die Men­gen- und Preis­ver­tei­lung lässt sich eine ers­te Umsatz­pla­nung erstel­len. Im Bei­spiel ent­fal­len auf das bespro­che­ne Seg­ment 3.631 T€ Umsatz (Who­le­sa­le­um­satz zu EK-Wer­ten) von ins­ge­samt 15.000 T€.

Über die Rück­rech­nung auf die Her­stell­kos­ten ergibt sich ein Ein­kaufs-/ Beschaf­fungs­bud­get von 7.692 T€. Die­ses kann für das wei­te­re Beschaf­fungs­con­trol­ling her­an­ge­zo­gen werden.

Kollektionsrahmenplanung – Umsatzplanung 

Durch die Zuord­nung der geplan­ten Vari­an­ten auf die Aus­lie­fer­ter­mi­ne läßt sich eine monat­li­che Umsatz­pla­nung ablei­ten. Die­se kann der Con­trol­ler für sei­ne wei­te­ren Pla­nun­gen her­an­zie­hen. Bei­spiels­wei­se las­sen sich hier­aus der monat­li­che Beschaf­fungs­plan und eine Finanz­pla­nung ableiten.

 

Fazit für Fashion-Unternehmen

Der Kol­lek­ti­ons­rah­men­plan ist die “Spiel­wie­se” bei der Kol­lek­ti­ons­er­stel­lung und bei der Pla­nung des Sor­ti­men­tes der nächs­ten Sai­son. Wirt­schaft­li­che Kon­se­quen­zen der getrof­fe­nen Ent­schei­dun­gen wer­den sehr früh im Sai­son­ab­lauf erkenn­bar.  Kor­rek­tu­ren kön­nen vor­ge­nom­men wer­den, noch bevor über­haupt der ers­te Pro­to­typ genäht wird. 
Damit ist der Kol­lek­ti­ons­rah­men­plan DAS Instru­ment für ein pro­spe­rie­ren­des Mode-Unter­neh­men und ein wesent­li­cher Controlling-Baustein.

Links (teilweise Affiliate)

Vom Kol­lek­ti­ons­kon­zept zum Kol­lek­ti­ons­rah­men­plan (Brit­ta Wiemer)

Assort­ment Plan­ning (Cel­ver)

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