10 Tipps aus der Krise: Auftragseinbrüche, Umsatzflauten, Probleme in der Branche oder Wirtschaftskrisen: Es gibt viele Gründe, aus denen sich Unternehmen plötzlich mit schwierigen Situationen konfrontiert sehen. Wer pauschal Kosten kürzt, vernichtet leicht Chancen für die Zeit nach der Krise. Oder erzeugt gar Funktionsstörungen im laufenden Betrieb. Eine vernünftige Analyse der aktuellen und geplanten Umsätze, dosiertes Costcutting sowie intelligentes Liquiditätsmanagement helfen dabei, Engpässe sinnvoll zu nutzen. Nachfolgend finden Sie zehn Tipps aus der Krise, mit denen Sie Durststrecken überstehen.
1 Pauschales Costcutting vermeiden
Der Beginn der Wirtschaftskrise im Herbst 2008 hat gezeigt, wie es nicht geht. Nach dem Motto „Kosten runter, Liquidität sichern” drosselten viele mittelständische Unternehmen Hals über Kopf ihre Produktion, senkten Reisekosten, strichen Sonderzahlungen, kürzten Marketing- und Beratungsausgaben. War eine Kreditlinie noch nicht ausgereizt, wurden schnell noch freie Mittel abgerufen. Wenn all das nicht reichte, verordneten viele Firmenlenker auf die Schnelle Kurzarbeit, kappten die Gehälter, es folgten Entlassungen. Doch wer alles alles über einen Kamm schert und pauschal kürzt, nimmt sich oft Chancen für die Zeit nach der Krise. Noch schlimmer: Wichtige Bereiche im Unternehmen, etwa die IT, funktionieren dadurch eventuell nicht mehr richtig. Tipps aus der Krise: Sparen Sie mit System an den richtigen Stellen. Beschaffen Sie sich die nötigen Informationen, um eine detaillierte Kostenanalyse zu erstellen. Nur dann kann Costcutting sinnvoll gelingen.
2 Aktuelle Umsätze analysieren
Eine vernünftige Kostenanalyse beginnt mit einer genauen Analyse des aktuellen Umsatzes. Schließlich sollten Unternehmer genau wissen, welche Produkte und Dienstleistungen mit wie viel Prozent an Gewinn und Deckungsbeitrag beteiligt sind. Tipp: Diese Analyse sollten Sie auch in guten Zeiten regelmäßig erstellen. Dann zeigt es sich früh, wenn bestimmte Artikel wenig zum Gewinn beisteuern. Solche Produkte sollten Sie aus dem Sortiment nehmen. Das spart Fertigungskosten an der richtigen Stelle.
3 Künftige Umsätze realistisch planen
Das Durchforsten der Produkt- und Dienstleistungspalette nach alten Zöpfen ist nur der erste Schritt in Richtung cleveres Costcutting. Unternehmer sollten zudem eine Art Standortanalyse vornehmen. Sie sollten sich fragen, wo ihre Kernkompetenzen liegen, wie sich ihre Märkte verändert haben und vor allem, wie sie auf diese Veränderungen reagieren wollen. Tipps aus der Krise: Versuchen Sie, aus der momentanen Durststrecke Lehren zu ziehen. Welche Produkte werden in der Zukunft noch Gewinn versprechen? Welche können Sie weiterentwickeln oder modifizieren? Nur so können Sie künftige Umsätze realistisch planen.
4 Korrespondierenden Kostenplan erarbeiten
Wenn die zukunftsträchtigen Produkte und Leistungen bestimmt sind und feststeht, welche Erträge das Unternehmen nach der Krise erzielen soll, kann ein korrespondierender Kostenplan erarbeitet werden. Tipp: Hier sollte nur das einfließen, was wirklich nötig ist, um die angepeilten Erträge zu erwirtschaften. Es ist nicht einfach, treffsicher zu ermitteln, was genau dafür notwendig ist. Daher ist es gut, wenn Unternehmen mehrere Teams bilden, Task Forces, die sich die einzelnen Kostenarten vorknöpfen.
5 Zuerst die Fixkosten unter die Lupe nehmen
Die aktuellen Fixkosten werden dem Zukunftsumsatzplan zuerst gegenübergestellt. Vielleicht werden bestimmte Maschinen oder Lagerräume nicht mehr gebraucht, wenn einige Produkte künftig nicht mehr hergestellt werden. Oder sind in Hochkonjunkturphasen eventuell unbedacht ganze Immobilien angemietet worden, die jetzt die monatlichen Fixkosten in die Höhe treiben? Wie sieht es mit den Preisen des aktuellen Energieversorgers aus? Geht es nicht günstiger? Tipps aus der Krise: Für Firmenchefs, die ihre Fixkosten an den neuen Umsatzplan anpassen wollen, heißt das Stichwort Contracting. Geschickt verhandeln also. Diskutieren Sie zum Beispiel mit Vermietern die Möglichkeit von sogenannten Umsatzverträgen. Dabei wird pro Quadratmeter ein niedriger monatlicher Festpreis bestimmt, ein Teil des Mietzinses ist an den Umsatz des mietenden Betriebes gekoppelt. Vor allem für Unternehmen im produzierenden Gewerbe, bei denen Energie einen Großteil der Gesamtkosten ausmacht, lohnen sich Neuverhandlungen oft enorm. Man kann seinen Bedarf auch ausschreiben. Zuweilen bewerben sich dann sogar die alten Anbieter neu – zu niedrigeren Preisen.
6 Variable Kosten anpassen: Personal
Die variablen Kosten, Personal‑, Material- und Sachkosten also, werden dem neuen Umsatzplan ebenfalls angepasst. Wo können, wo müssen Sie den Rotstift ansetzen? Ein großer Posten sind die Personalkosten. Aber: Entlassungen sind das letzte Mittel. Damit nimmt sich ein Unternehmen leicht Talente von morgen.
Tipp: Versuchen Sie, mit den Mitarbeitern einen freiwilligen Lohn- und Gehaltsverzicht zu vereinbaren. Das ist einfacher und fairer, wenn eine sogenannte Besserungsklausel in die Verträge aufgenommen wird. Sie kann etwa so aussehen, dass die Mitarbeiter nach einer Krise entgangene Gehaltsanteile verzinst nachgezahlt bekommen. Spezielle Zeiterfassungssysteme können die Produktivität optimieren. So lässt sich feststellen, wer wann wirklich im Einsatz und wer einfach nur „da ist”. Ziel ist es, Mitarbeiter, die aufgrund der Auftragsrückgänge weniger zu tun haben, an anderer Stelle im Unternehmen sinnvoller einzusetzen.
7 Material- und Sachkosten optimieren
Hier sind die Task Forces gefordert, die Teams, die alle bestehenden Verträge ins Visier nehmen. Dabei geht es erst in zweiter Linie um günstigere Preise. Ganz oben auf der Agenda steht die Frage, was das Unternehmen künftig tatsächlich benötigt. Vielleicht werden Materialien nicht mehr in den bisher bezogenen Mengen gebraucht. Oder zumindest nicht auf einen Schlag. Tipp: Teillieferungen erlauben oft ein sofortiges Verarbeiten eines Roh- oder Hilfsstoffes. Das verringert Lagerkosten. Manchmal kann es auch vorteilhafter sein, Kunden bei der Optimierung ihrer eigenen Lagerkosten zu helfen. Dann bestellt der Kunde ein bestimmtes Produkt in einer gewissen Anzahl, ruft es aber innerhalb einer festgelegten Laufzeit in einzelnen Mengen schrittweise ab. Das bindet zwar Lagerkapazitäten. Dafür ist das eigene Unternehmen aber vertraglich dagegen abgesichert, dass der Kunde die nächste Tranche womöglich bei einem anderen Anbieter bestellt.
8 Liquidität richtig managen
Kosten senken, clever sparen – das hilft wenig, wenn das Liquiditätsmanagement nicht stimmt. Auf eine funktionierende Finanzabteilung kommt es an. Dort müssen alle Daten zusammenfließen. Tipp: Prüfen Sie die folgenden Punkte: Wie ist die aktuelle Finanzlage? Wie ist das Fälligkeitsprofil der Forderungen? Gibt es mutmaßlich wackelige Bonitäten unter den Schuldnern? Wie sieht der zukünftige Liquiditätsbedarf aus? Lassen sich einzelne größere Brocken strecken oder verschieben?
9 Aktivseite der Bilanz checken: Was können Sie verkaufen?
Unternehmer sollten in Ruhe die Aktivseite der Bilanz unter die Lupe nehmen. Welche Investitionen erwirtschaften welche Renditen und wie hoch sind die Opportunitätskosten? Tipp: Berater trommeln schon seit Jahren, der Mittelstand solle sein „totes Kapital” wiederbeleben und Sale-and-Leaseback-Lösungen eingehen. Sprich: Werk verkaufen und zurückmieten, das frei gewordene Kapital in Produktiveres investieren. Das geht auch bei Maschinen. Überflüssige Beteiligungen können Sie möglicherweise veräußern. Die Erlöse sollten dann dafür eingesetzt werden, Bankkredite abzulösen, um die Eigenkapital-Fremdkapital-Relation stabil zu halten.
10 Forderungsmanagement straffen
Zahlungsziele von 45 bis 90 Tagen werden von Kunden gern angenommen. Das eigene Ziel jedoch kann nur sein: Spät zahlen, früh bezahlt werden. Tipp: Versuchen Sie, Skonti in Anspruch zu nehmen, selbst aber keine zu gewähren. Und: Wer nicht rechtzeitig zahlt, zahlt drauf. Statt fünf Mahnschreiben gibt es nur noch drei Stufen. Ganz wichtig dafür ist eine exakte Buchhaltung. Zudem sollten Aufträge rasch und vollständig abgewickelt werden, damit die Rechnung zügig gestellt werden kann. Denken Sie auch über Factoring nach.
Wenn Sie diese 10 Tipps aus der Krise beherzigen und ohne Panik umsetzen, stehen Ihre Chancen gut, gestärkt aus dieser Phase hervorzugehen.
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