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Abwicklungskosten bei Endverbraucher-Retouren – Zahlenbeispiele
Bereits in der Vergangenheit hatten wir auf die hohe Bedeutung der Retourenkosten für den eCommerce mit Bekleidung hingewiesen. Die Retourenquote ist DER Stellhebel für die Wirtschaftlichkeit Ihres Webshops. Wir zeigen Ihnen eine Übersicht der zu berücksichtigenden Kostenpositionen, die Sie leicht mit Ihren eigenen Werten abgleichen können. Sind die Aufbereitungskosten der zurückgesandten Bekleidung wirklich die größte Kostenposition? Für jede Retourenquote können Sie die Abwicklungskosten je verkauftem Teil ermitteln und mit Ihrem Deckungsbeitrag abgleichen. Ab welcher Retourenquote kippt das Verhältnis? Wie weit muss die Retourenquote bei einzelnen Produktgruppen „runter“, damit Sie in die Gewinnzone kommen?
Die Retourenquote
Die Retourenquote hat die zentrale Rolle, wenn Sie die Wirtschaftlichkeit der eigenen eCommerce-Aktivitäten verbessern wollen. Damit Sie die erstaunliche Hebelwirkung der Retourenquote auf die Abwicklungskosten und den Gewinn erkennen und kommunizieren können, sind verschiedene Kostenpositionen zu betrachten. Diese variieren je nach Geschäftsmodell allerdings zum Teil erheblich. Für einen ersten Blick auf die Zusammenhänge in Ihrem Unternehmen sind zunächst Schätzwerte völlig ausreichend. Sie werden später erkennen, warum das so ist.
Mit den nachfolgenden Aufstellungen geben wir Ihnen Hinweise, welche Positionen Sie bei der Berechnung berücksichtigen sollten.
Kosten je Aussendung
Für die Vermarktung müssen Sie entweder eine Provision an eine Handelsplattform bezahlen, oder Sie nehmen die Vermarktung selber in die Hand und müssen entsprechend höhere Online-Marketing-Kosten (z.B. Google-Adwords) bezahlen. Machen Sie sich klar, dass Handelsplattformen aufgrund der fälligen Provisionszahlungen tendenziell kein Problem mit großen Warenkörben (und den zwangsläufig folgenden Retouren) haben. Im Gegenteil!
Für die Kommissionierung und den Versand der Waren fallen interne und/oder externe Bearbeitungskosten an. Zusätzlich müssen Sie Verpackungsmaterial, Etiketten und Formulare bei der Kalkulation berücksichtigen.
Fracht bzw. Porto ergeben sich aus der Vereinbarung mit Ihrem Paketdienst. Haben Sie Sonderservices (z.B. Nachnahme, Abholfenster) berücksichtigt?
Für die Zahlungsabwicklung zahlen Sie z.B. direkte Gebühren an die Kreditkartengesellschaft. Sichert Ihr Payment-Anbieter auch das Zahlungsausfallrisiko, sind entsprechend höhere Gebührensätze zu berechnen.
Wenn Sie Ihren Kunden Ausgangfrachten berechnen, müssen Sie diese entsprechend als Minusbeträge abziehen.
In der Summe erhalten Sie die Kosten, die je Aussendung eines Teiles anfallen. In unserem Beispiel sind pro versandtem Teil Kosten in Höhe von 15,50 EUR kalkuliert.
Kosten je Retoure
Ähnlich verfahren Sie bei der Ermittlung der Retourenkosten. Wie hoch sind die anfallenden Paketkosten? Wie aufwändig ist der Retourenprozess? Kosten für die Warenannahme, die Aufbereitung (bügeln, Fleckenbehandlung, etikettieren) sind zu ermitteln. Vielleicht haben Sie ja auch eine Preisliste Ihres Logistikers. Überschlägig sind die Ausschussquote und die durchschnittlichen Preisnachlässe je retourniertem Teil zu ermitteln. Ggf. rechnen Sie noch Entsorgungskosten für Verpackungsmaterial und Ausschuss hinzu. Die seit Sommer mögliche Beteiligung der Kunden an den Retourenkosten haben wir als „Merkposition“ in das Schema eingebaut. Hier würden dann entsprechend negative Werte einfließen. Die beispielhaft ermittelten 8,10 € übernehmen wir in die weiteren Berechnungen.
Kostenbelastung je verkauftem Teil
Multiplizieren Sie die je Teil ermittelten Werte mit der Anzahl der Warenbewegungen. Sie erhalten dann die Gesamtkosten und können die Kosten je (echt) verkauftem Teil ermitteln.
Beispiel: Bei einer Retourenquote von 50 % müssen Sie 200 Teile versenden und 100 als Retoure bearbeiten, um 100 verbleibende, „echte“ Verkäufe zu erzielen. Die Kosten der “echt” verkauften Teile betragen (in unserem Beispiel) demnach 200 * 15,50 EUR für die Aussendung und 100 * 8,10 EUR für die Retouren.
Bei welcher Retourenquote ist Ihr Deckungsbeitrag aufgezehrt?
Für die 100 verkauften Stück fallen also 3.910 EUR Gesamtkosten bzw. 39,10 EUR je Teil an. (Frage am Rande: Wie hoch sind im Vergleich Ihre Herstell- bzw. Einkaufkosten je Stück?)
Bei einer Retourenquote von 60 % ist dieser Wert der Abwicklungskosten um 30 % (!) höher und beträgt 50,90 EUR. Gelingt es Ihnen, die Retourenquote auf 40 % zu reduzieren, sinken die Kosten auf 31,23 EUR.
Wie Sie in der Abbildung sehen können, verändern sich die Gesamtkosten nicht linear mit der Retourenquote sondern steigen – gerade bei hohen Retourenquoten – überproportional. Dieser wichtige Effekt wird häufig unterschätzt.
Bei einer hohen Retourenquote laufen Sie sehr schnell Gefahr, mit Ihren Produkten in die roten Zahlen rutschen. Die Gewinnveränderung je verkauftem Teil verändert sich ebenfalls überproportional.
Beispiel: Haben Sie Produkte mit einem Deckungsbeitrag von 75 EUR / Stück, werden bei einer Retourenquote von 50 % bereits 39,10 EUR durch die reine Abwicklung aufgezehrt. Bei einer Retourenquote von 75 % übersteigen die Abwicklungskosten bereits den Deckungsbeitrag.
Umgekehrt: ausgehend von einer Retourenquote von 50 % erhöht eine Verbesserung auf 45 % Ihren Gewinn um etwa 12 %.
Fazit zur Retourenquote
Die durch Retouren verursachten Kosten sind die größte Position in der Gesamtkostenbetrachtung des Fashion-Webshops. Sie übersteigen meist sehr deutlich die Einstandskosten der Waren. Da die Abwicklungskosten überproportional zur Retourenquote verlaufen, sind Maßnahmen zur Retourenvermeidung besonders effektiv. Die Kontrolle auf „Ausreißer“ bei den Retouren und eine schnelle Reaktion in der Warensteuerung sind weitere wichtige Einflussfaktoren für die Wirtschaftlichkeit Ihrer eCommerce-Aktivitäten.
Literatur
- Retouren vermeiden – Ertragsbringer Nr. 1
- 7 Tipps zur Senkung der Retourenquote
- ROAS – und andere Irrtümer im E‑Commerce