
Das Coronavirus stellt viele Unternehmen plötzlich und ziemlich unvorbereitet vor große Herausforderungen. Infolge der Corona-Pandemie droht eine Insolvenzwelle, wie es sie in Deutschland noch nie gab. Die Bundesregierung stützt mit Sofortmaßnahmen die Liquidität der Unternehmen, um dies zu vermeiden. Die Palette reicht von flexiblem Kurzarbeitergeld über Liquiditätshilfen durch Steuerstundungen bis hin zu Überbrückungskrediten. Sogar das Aussetzen der Pflicht zur Insolvenzanmeldung ist beschlossen.
Fehlt es einem Unternehmen an Liquidität oder ist es überschuldet und kann seine Kredite und Zahlungsverpflichtungen auf absehbare Zeit nicht bedienen, ist der Geschäftsführer verpflichtet, „ohne schuldhaftes Zögern“, spätestens innerhalb von drei Wochen, den Insolvenzantrag zu stellen. (vgl. Rechtsthemen für GmbH-Geschäftsführer) Diese Notlage betrifft derzeit viele Unternehmen. Viele Insolvenzverwalter rechnen bereits mit einer regelrechten Insolvenzwelle. Es wird von einer Verzehnfachung der Erstberatungsgespräche berichtet.
Die Bundesregierung stützt die Unternehmen mit einer Reihe von Sofortmaßnahmen, um die Pleitewelle zu vermeiden.
Aussetzung der Antragspflicht zur Insolvenzanmeldung
Das BMJV hat den Gesetzentwurf zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (CorInsAG) am 20.3.2020 vorgelegt. Durch die Neuregelung soll die Insolvenzantragspflicht für von der Corona-Pandemie betroffene Unternehmen bis zum 30. September 2020 ausgesetzt werden.
Allerdings gilt das nur in folgenden Fällen:
- Die Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung des Unternehmens muss Folge der Pandemie sein,
- Die künftige Chance für eine erfolgreiche Sanierung muss gut sein
(Bestätigung durch einen Wirtschaftsprüfer). - Das Unternehmen muss nachweislich entweder die im Rahmen der Corona Krise angebotenen öffentlichen Hilfen beantragt, aber noch nicht erhalten
- oder nachweislich mit potenziellen Geldgebern ernsthaft über eine Sanierung verhandelt haben bzw. verhandeln.
Aber ACHTUNG:
es besteht immer noch die Gefahr, dass Gläubiger bei Zahlungsunfähigkeit die Insolvenz ihrer Schuldner beantragen können. Vermutlich werden sich Finanzämter und Sozialkassen vorerst zurückhalten. Aber wie verhalten sich andere Gläubiger: Vermieter, Dienstleister, Lieferanten etc.?
Hier hilft nur frühzeitige Kommunikation!
Liquiditätshilfen von Bund und Bundesländern
Unternehmen, denen durch die Corona Krise die Zahlungsunfähigkeit droht, können staatliche Hilfen u.a. bei der KfW-Bank oder den Förderbanken der Länder beantragen. Wie bisher müssen diese Mittel über die Hausbank des Unternehmens beantragt werden.
In der Förderdatenbank des BMWE sind auf die Corona-Krise ausgerichtete Förderprogramme zu finden.
In der Praxis scheinen aber viele Hausbanken noch nicht zu wissen, wie die Auszahlung der Darlehen und die eigene Haftungsfreistellung geregelt werden wird. Auch Personalengpässe bei der Bearbeitung verhindern die schnelle, angeblich „unbürokratische“ Bearbeitung.
Die Liquiditätshilfen werden außerdem bisher „nur“ als Darlehen und Bürgschaften (nicht als Zuschüsse) angeboten, müssen also irgendwann zurückgezahlt werden. Unternehmen, die zu normalen Zeiten so gerade eine „schwarze Null“ oder einen kleinen Gewinn erwirtschaften, werden die Rückzahlung kaum stemmen können.
Vielleicht werden nach der Krise viele Unternehmen dann doch ihre Sanierung durch eine Entschuldung im Insolvenzverfahren anstreben.
Kurzarbeitergeld (KUG)
Der Anspruch auf Kurzarbeitergeld muss grundsätzlich auf einem unabwendbaren Ereignis oder auf wirtschaftlichen Gründen beruhen (§ 96 SGB III). Ein unabwendbares Ereignis liegt auch dann vor, wenn etwa durch staatliche Schutzmaßnahmen Betriebe geschlossen werden. Ob die Voraussetzungen für die Gewährung des Kurzarbeitergeldes vorliegen, entscheidet die zuständige Agentur für Arbeit.
Die Leistung muss vom Arbeitgeber für jeden Standort separat beantragt werden. Dazu muss man sich auf den Seiten der Bundesagentur für Arbeit (BA) zunächst registrieren: https://anmeldung.arbeitsagentur.de/portal
Das rückwirkend ab 01.03.2020 erleichterte Kurzarbeitergeld wird gewährt, wenn mindestens 10 % der Belegschaft von monatlichen Gehaltskürzungen von mehr als 10 % betroffen sind. Anfallende Arbeitgeberbeiträge der ausgefallenen Arbeitsstunden werden jetzt von der Bundesarbeitsagentur übernommen. Neu ist auch die vereinfachte Verlängerung der Bezugsdauer von 12 auf 24 Monate. Weitere Infos für Unternehmen gibt es direkt bei der Arbeitsagentur (Corona-KUG-Infos).
Steuerliche Entlastungen
Nach einem Erlass der obersten Finanzbehörden können Steuerpflichtige bis zum 31.12.2020 bei ihrem Finanzamt Anträge auf Herabsetzung des Gewerbesteuermessbetrages und der Vorauszahlungen stellen. Stundungsanträge zur Gewerbesteuer sind an die Gemeinden zu richten.
Der Antrag auf zinslose Stundung und die Herabsetzung von Steuervorauszahlungen kann mit dem Antragsformular „Steuererleichterungen aufgrund der Auswirkungen des Coronavirus“ gestellt werden.
Zur Umsatzsteuer ist noch eine Verlängerung der Abgabefristen für Umsatzsteuervoranmeldungen im Gespräch.
ACHTUNG: Steuerabzugsbeträge (Lohnsteuer, Kapitalertragssteuer) können (bisher noch) nicht gestundet werden.
Die Übersicht des Deutschen Steuerberaterbunds (DStV) gibt Infos zu den Regelungen und Erleichterungen.
Die Bundessteuerberaterkammer hat ebenfalls einen FAQ-Katalog mit weiteren Tipps und Infos erstellt.
Sozialabgaben
Zur Verbesserung der Liquidität kann ebenso die Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen beantragt werden. Diese Stundungsanträge sind bei der jeweils zuständigen Krankenkasse einzureichen. Idealerweise VOR der nächsten Fälligkeit. Es sollen Vorschläge für einen Ratenzahlungsplan beigefügt werden
Nach Information zweier großer Krankenkassen liegen dort allerdings noch keine Handlungsanweisungen vor. Wahrscheinlich wird zunächst das übliche Säumnisverfahren mit Zuschlägen und Zinsen in Gang gesetzt, das dann später zurückgenommen wird.
Beschränken Sie sich bei den Stundungsanträgen beispielsweise auf die TOP‑3 oder TOP‑5 Krankenkassen und halten Sie so den Verwaltungsaufwand überschaubar.
Informationsquellen:
Das Bundeswirtschaftsministerium hat für wirtschaftsbezogene Fragen zum Coronavirus Hotlines eingerichtet.
Die Hotline für Unternehmen ist unter 030–18 615 1515 zu erreichen.
BMJV: Pressemitteilung zur Insolvenzantragspflicht
Haufe: Steuerliche Maßnahmen bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten
n‑tv: Die Pleitewelle nach der Krise
FAQ-Katalog der Bundessteuerberaterkammer
Übersicht des Deutschen Steuerberaterbunds (DStV)
Arbeitsagentur (Corona-KUG-Infos)
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